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Sea Otter 2014: Foes DH-Bike Studie – zwei Dämpfer im Foes FFR

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Brent Foes ist bekannt für seine extravaganten Rahmenkonzepte. Seit 1992 tobt sich der einstige Off-Road-Truck-Entwickler nun schon an Mountainbikes aus – vorzugsweise an Downhill-Bikes. Seine Erfahrungen im motorisierten Off-Road-Bereich inspirierten den Südkalifornier zu so manchem Downhill-Bike mit extra langem Dämpfer – ganz nach dem Vorbild hubstarker Trophy-Trucks. Auf dem Sea Otter Festival zeigte uns Brent heute seine neueste Studie: ein Downhill-Bike, das über einen zweiten Dämpfer negativen Federweg bereitstellen soll.

Foto Jens Staudt Foes FFR Prototype overlay-0884
# Das gab’s bisher noch nicht: Ein Bike, das durch sein Eigengewicht bereits 75 mm Negativfederweg bietet.

Bereits bei der Idee werden einige sagen: Warum brauche ich dafür einen zweiten Dämpfer? Richtig, denn jedes vollgefederte Mountainbike bietet negativen Federweg. Bei konventionellen Bikes wird allerdings hierfür die Federung bereits ein Stück komprimiert. Was wir bisher als Sag oder eben Negativ-Federweg kennen, ist der Anteil des Federwegs, der durch das Fahrergewicht freigegeben wird. Am Foes-Prototypen hingegen sitzt bereits das Bike durch sein Eigengewicht im Federweg. Heißt: Bereits ohne Fahrer hat das Foes FFR Negativfederweg, der zweite Dämpfer ist im Stand komplett eingefedert. Bei zusätzlicher Last funktioniert dieser zweite Dämpfer wie eine Druckstrebe, die dann den Haupt-Dämpfer betätigt. Bevor wir hier lange beschreiben: Dieses Video zeigt die Funktion sehr gut:

Foes Prototyp FFR von Grinsekater – mehr Mountainbike-Videos

Unterm Strich sehen wir hier also ein Bike mit 75 mm zusätzlichem Negativfederweg, der durch einen zweiten Dämpfer kontrolliert wird.

Wofür soll das gut sein?

Zunächst einmal natürlich einen vergrößerten Gesamtfederweg ermöglichen, ohne dass man sein Fahrwerk unmöglich weich abstimmen muss. Das Bike hat ja quasi zwei Kennlinien: Die eine, normale, die man sogar etwas straffer fahren dürfte, und die zweite, ultra weiche, noch vor Beginn des eigentlichen Federwegs. So sind insgesamt plötzlich fast 30 cm Federweg möglich, ohne dass sich das gleich wie eine Gummikuh anfühlt – so zumindest die Idee.

Bereits von eurem aktuellen Bike wisst ihr, wofür Negativfederweg gut ist. Je mehr davon, desto satter scheint das Bike zu liegen. Das liegt daran, dass uns beim Biken eben nicht nur Schläge, sondern auch Schlaglöcher begegnen. Beim Überfahren eines Schlaglochs mit einem ungefederten Bike wird es uns ordentlich durchschütteln, weil das Bike so weit ins Schlagloch fällt, bis der Reifen wieder Bodenkontakt hat. Je tiefer man in ein Schlagloch fällt, desto größer wird die Beschleunigung (= der Schlag), wenn man wieder raus fährt. Der Grund: Die Zeit, die man über das Schlagloch fährt, ist konstant, der Weg unterschiedlich – daraus ergeben sich unterschiedlich starke Schläge auf den Fahrer.

Foto Jens Staudt Foes FFR Prototype-0886
#So würde ein Fahrrad mit so viel Federweg eigentlich aussehen – unfahrbar …

Foto Jens Staudt Foes FFR Prototype-0884
#… dank des 2. Dämpfer kann die Geometrie aber bei identischem Gesamtfederweg wesentlich flacher ausgeführt werden. Fahrbar!

Wenn man jetzt nicht ungefedert, sondern mit Negativfederweg über ein Loch fährt, dann drückt die Feder das Rad ins Schlagloch. Der Hauptrahmen (und damit der Fahrer) fällt also weniger tief ins Loch, wodurch die Beschleunigung auf ihn reduziert wird. Das erhöht nicht nur den Fahrkomfort, sondern reduziert auch noch die Energieverluste und damit die Geschwindigkeits-Verringerung. Der Grund: Aus einem Schlagloch wieder raus gehoben zu werden, benötigt Energie, und je tiefer man ins Loch fällt, desto mehr eurer Bewegungs-Energie wird dafür verschwendet.

Foto Jens Staudt Foes FFR Prototype-0868
# Der zweite Öldämpfer fungiert als Druckstrebe (hier ganz eingefedert).

Die entscheidende Frage ist: Können der zusätzliche Dämpfer und der zusätzliche Negativfederweg etwas entscheidend besser als bisherige Systeme, die mit einem Dämpfer arbeiten? Schließlich hat beispielsweise ein Santa Cruz V10 ebenfalls etwa satte 90-100 mm Negativfederweg. Motocross-Maschinen oder Kraftfahrzeuge haben schließlich auch keinen zweiten Dämpfer für den Negativfederweg. Der größte Unterschied zwischen den genannten Fahrzeugen und Mountainbikes: Bei einem Bike beträgt das Fahrzeuggewicht typischerweise nur 15-25 % des Fahrergewichts, im Unterschied zu einem Vielfachen davon bei Motorrädern oder Kraftfahrzeugen. Deshalb ist die Anpassung der Federhärte beim Mountainbike auch wesentlich essentieller als an schweren Fahrzeugen.

Foto Jens Staudt Foes FFR Prototype-0867
# Zwei Dämpfer: Dämpfer 1 (im Stand bereits ganz eingefedert) drückt die Wippe von Dämpfer 2

Der größte Potentielle Vorteil des FOES-Konzepts könnte die wirklich getrennte Einstellung von Negativ- und Positivfederweg sein, womit sich eine wegabhängige Federung ergibt. Das ist bisher am Mountainbike noch nicht realisiert, in automobiler Anwendung aber der Standard. Auch wenn viele Hersteller ihre High- und Lowspeed Dämpfungen so erklären, als ob diese sich auf den Federweg beziehen würden, richten sich diese ausschließlich nach der Geschwindigkeit. Zwar führen schnelle Schläge häufig zu viel freigegebenem Federweg, doch mit einer wegabhängigen Dämpfung würden heftige Einschläge unter Umständen früher gedämpft. Theoretisch kann auch das ein Vorteil sein – ob das in der Praxis wirklich Vorteile mit sich bringt, muss sich aber bei Testfahrten zeigen.

Foto Jens Staudt Foes FFR Prototype-0864
# Wo andere Carbon benutzen und Leichtbau betreiben, setzt der ehemalige Truck-Entwickler auf Bremsmomentabstützung, Alu und jetzt auch noch einen zweiten Dämpfer…

Weitere Vorteile, die Brent Foes sich erhofft: Im Downhill, wenn das Hinterrad ziemlich entlastet wird, soll der sehr leichtgängige Öldämpfer das Hinterrad besser am Boden halten. Die Idee geht aber weiter: In Summe hat man fast 30 cm Federweg, muss das Rad dafür aber nicht noch höher über den Boden stellen, die Geometrie kann flach bleiben. Brent verspricht sich ein Bike mit einer Geometrie wie 20 cm Federweg, aber tatsächlich fast 30 cm Federweg für erhöhten Komfort und besseren Bodenkontakt. Mehr Bodenkontakt heißt mehr Traktion, sowohl beim Bremsen als auch in Kurven.

Foto Jens Staudt Foes FFR Prototype-0863
# Brent Foes – Urgestein der Szene und mit wahrhaft eigenen Konzepten immer für eine Überraschung gut.

Wir durften leider keine kleine Runde fahren – Brent hatte den Rahmen erst in der Nacht vor der Show fertig gestellt und war selbst noch nicht damit gefahren. An der Idee arbeitet er seit einem Jahr, jetzt muss sich das Konzept aber noch beweisen. Der Gewichts-Zuschlag soll gering ausfallen, schließlich wird nur ein Link durch einen leichten Öldämpfer ersetzt. Was wir uns in der Praxis noch schwierig vorstellen: Den Übergang von einem Dämpfer auf den anderen – wenn dann ein Schlag spürbar wäre, wäre das sicherlich nicht im Sinne des Erfinders. Auf lange Sicht könnte mit diesem Konzept weniger Positivfederweg für noch flachere Geometrien sorgen.

Übersicht

  • Das System soll 3″ (75 mm) zusätzlichen Negativ-Federweg bieten
  • Set-up geht ganz herkömmlich von statten, da das Bike unter Last nur mit dem Hauptdämpfer arbeitet
  • Mehrgewicht hält sich in Grenzen
  • Bessere Traktion, vor allem bergab beim Bremsen
  • Schluckt Schlaglöcher noch besser
  • Mehr Federweg bei dennoch flacher Geometrie

Foto Jens Staudt Foes FFR Prototype-0893 Foto Jens Staudt Foes FFR Prototype-0892 Foto Jens Staudt Foes FFR Prototype-0891 Foto Jens Staudt Foes FFR Prototype-0889
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Der Beitrag Sea Otter 2014: Foes DH-Bike Studie – zwei Dämpfer im Foes FFR ist auf MTB-News.de erschienen.


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