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Muschi am Mittwoch: 24h Duisburg – nächstes Jahr Mixed Solo

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Alter Schwede, meine Tabletten sind weg. Weg! Bin ich Weiblein oder Männlein? Es ist 4 Uhr früh, Montagmorgen…grauen. Ein Teil eines Tages und einer Nacht sind vergangen, seit dem Ende des Rennens um 12 Uhr. Es ist 16 Stunden im Jahre 0, anno Duisburg 2015. Wer bin ich?

Ich will nach meiner Mama rufen, aber ich habe ihren Namen vergessen. Ist auch egal, Mama reicht. Ich drehe mich um. Nein, die Frau, die da neben mir liegt, ist nicht meine Mama. Sie sagt zwar Schatz zu mir, aber sie ist irgendwie zu jung. Langsam dämmert es, nicht nur draußen. Ich bin zu Hause. Die Wärmflasche mit den hübschen Proportionen ist meine Frau Monika und ich bin der Sieger. Ich bin der Gewinner des 4. Platzes bei den 24h von Duisburg.

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# Noch ein par Minuten! Seit zwei Tagen habe ich dieser Grummeln im Magen, jetzt ist es weg

12h Schlaf und mir tut jeder Knochen weh. Ich humpele zur Kaffeemaschine und esse Salat von gestern. Zum Nachtisch gibt es einen halben Liter Eis mit einer ganzen Dose Sprühsahne. Das hab ich mir verdient, denn ich habe den 4. Platz bei den Solofahrern Master in Duisburg gewonnen.

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# Karsten Lewerenz, Mario Peters, Jos Engelen, Thomas Jäggle, Markus Möller, Timo Anders

Ich beginne mich zu erinnern, Gedankenfetzen sortieren sich nach und nach zu einem Gesamtbild.  Es war anders als letztes Jahr. Denn die Krise kam früher und ging, bevor es dunkel wurde. Vielleicht hatte sie Sehnsucht nach ihrer Mama. Die Nacht war immer schon mein Freund. Ich höre den Bäumen zu, wenn sie reden. Dabei fällt mir ein, wo war eigentlich die Nachtigall von den 24h am Alfsee? Ach richtig, die ist mit Staublunge schon vor Jahren in den Vorruhestand gegangen. Da war ich mir nun sicher.

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# Der Mann ist noch nicht schmutzig, das Rennen ist noch nicht alt.
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# Der große Vorteil des Solofahrers. Er braucht nicht in die Wechselzone.
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# Als Kind habe ich zuviel Tour de France geguckt. Da ist was hängen geblieben.
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# Die Todestreppe, die seit dem Überbau letztes Jahr ihren Namen nicht mehr verdient.

Wenn dieser Glockenlärm und diese „Bier“ schreienden Animateure in dieser einen Kurve nicht gewesen wären, hätte man denken können, es wäre ein Wellnessurlaub. Nachts um Eins kam aus dem Nichts mein Freund Mark angefahren. Mitten in einer Unterhaltung über die Staubbelastung von Birkenblättern, die ich gerade mit einer Esche führte. Da rechts, neben der Zufahrt zur Manganhalde.  Er erklärte mir, dass er und unser Kumpel Arnd nun meine Anfahrer seien. Anfahrer??? Mann, die sind genauso bekloppt wie ich, dachte ich. Schlimmer! Die fahren im Vierer für nichts, außer Spaß, und nur so zum Spaß. Meinten, mit mir jetzt und sofort 10 Runden „Attacke Intervalltraining“ durchziehen zu müssen. Jede Runde schneller.

Das hat zwar nicht geklappt, aber 22 – 23min Runden – zehn an der Zahl – waren schon eine Hausnummer bis zum Morgen. So lag ich zumindest bei Sonnenaufgang auf Platz 4 mit drei Runden Vorsprung auf Platz 5. Toll! Glücksrad, soviel Zahlen und alles richtig. Und Erinnerungen an das letzte Jahr kamen zurück.  Da hatte ich es auch ohne Nahtod-Experiment geschafft, im Delirium in Schlangenlinie am “Team to Beat”-Zelt, Standort „vor der Todestreppe“, vorbeizufahren, um den fünften Platz zu retten.

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# Da isser noch lustig.......
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# Hier sieht das dann schon anders aus. Frank Eggert will da nicht hinten an stehen.
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# Fahrerlager an der Emscher.
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# Der Anstieg zum Monte Schlacko vor dem bunten Allerlei des Stahlwerks. Bild zur Verfügung gestellt von Sportograf.

Was mache ich denn nun mit dem tollen Tag und drei Runden Vorsprung? Schnell war mir bewusst, drei Runden sind ein Fliegenschiss. Hatte ich eine Wahl? Nein. Ich musste wohl oder übel weiter Gas geben…..Fullllgaaazzzz oder das, was davon noch übrig blieb. Unser Wolle, weltbester Betreuer, versuchte es noch auf die sanfte Tour. Ich merkte, es ist noch nicht wirklich ernst, mein Wolle schlägt mich noch nicht. Axel, mein Bruder im Geiste und Singlespeed-Galaxie-Meister, rollte immer mit den Augen, wenn ich zur Manganhalde kam.

Er sah dunkle Wolken über meinem Vorsprung aufziehen. Ich auch, und in meinem Kopf fing es an zu regnen. Es war hell, die Bäume redeten nicht mehr mit mir.  Wo kamen diese Massen von Menschen auf Rädern her? Alle wollten an mir vorbei, ich war fast der langsamste im Feld. Ich freute mich aber immer wieder darüber, dass ich nicht der allerlangsamste war. Es gab da zwei oder drei Mitbewerber, die waren noch laangsaameeer.

Rechts – Links – Mitte. Manchmal auch gleichzeitig – ich stand, im wahrsten Sinne des Wortes, nur im Weg herum. Und alle schrien „Muschi!”. WARUM??? Ist schon echt Kacke mit der Bekanntheit, in den Momenten, die nach Ruhe und einer dunklen Ecke schreien. Ich fragte andere Solofahrer, ob ich genauso scheiße aussehe wie sie. Sie wussten es nicht wirklich, antworteten aber alle mit einem blassen „JA“. Dann war es wohl wahr, ich mutierte. Ich musste pupsen. Alle pupsen, nachdem sie zehn Gels gelutscht haben. Es ist und war lästig, dafür meinen Hintern anzuheben. Denn ich bemerkte den sich entwickelnden Pavianarsch.

Ihr merkt, es gibt schönere Momente im Leben eines Radfahrers.

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# Die Anfahrt zur Todestreppe, vorbei an den Hochöfen und über die Bunker.
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# Eigentlich will ich Pause machen, kann ich aber nicht. Der Fünftplazierte drückt von hinten, also nochmal 3 Runden Attacke.
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# Es gibt jetzt auch Jumbo Jim in der Variante Weißwandreifen.

Jetzt genau in diesem Moment wache ich auf, aus meinen Erinnerungen. Der Film zieht nicht mehr an mir vorbei. Ich habe das Gefühl, es nochmal zu tun. Diese letzten Stunden, der Schmerz, das Glücksgefühl, die Tränen. Und leise grüßt das Murmeltier.

7.40 Uhr, ich halte an. Will meine Beine mal kurz hochlegen. Da steht dieser Saboteur Wolle vor mir und legt einen verbalen Bombengurt an meine Unterschenkel: “Alter, du hast nur noch 2 Runden Vorsprung“. Arschloch, denke ich, und steige sofort wieder aufs Rad. Immer schön fahren und ich bin Sieger.

7.45 Uhr, ich schreie Attacke und lege nochmal drei schnelle Runden hin. Dann verlässt es mich schon wieder. Scheiß Attacke!!! Es schreien noch immer Menschen nach der Muschi und für die Muschi! Scheiß Katze, kann die mal bitte nach Hause gehen!?

9.01 Uhr, das Ende ist nahe. Nicht das vom Rennen, meins. Wessen Idee war das eigentlich, hier die 24h mit einem Fatbike zu fahren? Was habe ich angestellt, ist in die Ecke stellen nicht mehr genug? Nein. Es kommt noch schlimmer.

10.21 Uhr, Mark fährt schon wieder neben mir. Fragezeichen in meinen Augen, als er sagt, er hat Langeweile. Ich hätte auch gerne Langeweile. Seine Langeweile heißt 23er Runde, bevor er an Arnd übergibt.

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# Mein Anfahrer Arnd auf der vorletzten Runde mit seinem Paket.

10.45 Uhr, Arnd erinnert mich an mein Versprechen, mit ihm eine 18er Runde zu fahren. Leck mich am Arsch, warum rede ich immer so viel? Wir machen auf jedem Fall den Deckel drauf und ich gebe ihm nochmal eine 21:41. Wer hat diese Mutanten an den Monte Schlacko gestellt? Nach der Kindergartengruppe gestern Abend, die immer „Muschi“ geschrien hat, gibt es noch etwas schlimmeres. Frank Eggert. Frank begnügte sich bis dato damit, mich nur anzuschreien. Aber nun beschließt er, um des Nachdrucks Willen, mir eine Nahtoderfahrung zukommen zu lassen. Hatte ich das nicht erst letzte Woche am Nürburgring? Da läuft der mit so einer Luftdrucktröte neben mir den Monte Schlacko hoch und beschimpft mich. Danke Frank, hat funktioniert, denn ich wollte nur weg. Von dir.

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# Frank Eggert, aufgeräumt, sauber und motiviert. Ich hasse diese Tröte.

11.05 Uhr, Arnd ist mit meiner Leistung zufrieden und wir fahren semischnell. Ich hole nochmal Wasser am Wohnwagen und die Jungs ranzen mich an. “Du bist zu schnell, du musst noch eine mehr fahren”. Nee, nee, Freunde. Ich bin doch nicht doof. Und, ich habe wieder drei Runden Vorsprung.

11.35 Uhr, Arnd und ich legen uns ins Gras vor dem Monte Schlacko und warten, bis es Zwölf schlägt. Wir üben die „La Ola“ und andere Fahrer fragen uns, ob etwas passiert sei. Die ersten Fahrer halten an. Die, die auch Zeit haben. Wir sammeln uns und üben zusammen die „La Ola“.

11.54 Uhr, wir fahren ins Ziel. Gewonnen, 4. Platz!

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# Die Anspannung ist weg. Wer radfahren kann, kann auch trinken.
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# Irgendwann bemerkt mein Körper, dass er müde ist.

In diesem Sinne, Think Pink – Eure Muschi

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# Der erfolgreichste Fahrer unseres PST-Racing Teams Rafael Planer. VORHER...
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# ...NACHHER. Glückwunsch zu Platz 3 und 512km.

Bilder stellten zur Verfügung: www.sportograf.com, www.radblog.de, www.allpixx.de

Anmerkung: Für den Inhalt der Artikel aus der Serie “Muschi am Mittwoch” ist der benannte Autor verantwortlich. Die in den Artikeln vertretenen Ansichten und Meinungen spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider. Für Anregungen und Kritik steht der Autor hier themenbezogen in den Kommentaren und allgemein per privater Nachricht zur Verfügung.

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Der Beitrag Muschi am Mittwoch: 24h Duisburg – nächstes Jahr Mixed Solo ist auf MTB-News.de erschienen.


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