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Knolly Delirium – erster Test: die Rückkehr eines echten Freeriders

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“Ich bin mir sicher: Diese Bikes werden kommen. 14 kg, 180 mm Federweg, 1X11, dicke Reifen.” – Zu diesem Ergebnis summierte mein Kollege Stefanus Anfang April einen Artikel auf, den er zu einer scheinbar ausgestorbenen Bikegattung geschrieben hatte. Nicht sicher war er sich über die Bezeichnung, sprich, ob es noch “Freeride” heißen würde. Sicher ist, dass – egal welche Aufschrift diese Schublade letztendlich tragen wird – Knolly ein Bike im Programm hat, dass in diese Kategorie passt. Das Knolly Delirium. Nun soll eine moderne Geometrie und eine neue Technologie dem in die Jahre gekommenen Modell neues Leben einhauchen. Wir haben uns das neue Bike für euch angeschaut und konnten es schon in Whistler einem ersten Test unterziehen.

Knolly Delirium: Erster Eindruck

Überall Carbon-Rahmen, Carbon-Felgen, Leichtbau-Bremsen, Reifen um die 600 g – alles Dinge, die man nicht am Knolly Delirium findet. Hier sind zwar auch ein Carbon-Lenker (800 mm von Chromag) und -Kurbeln (RaceFace Six) montiert, diese entstammen aber eher aus dem Downhill- als dem gewichtsfanatischen All-Mountain/CC-Sektor. Der Mix der Anbauteile ist definitiv interessant: Auf Industrie Nine Downhill-Laufrädern befinden sich Tubeless-Reifen aus dem Hause Maxxis und eine Shimano-Bremsanlage sorgte für sorgenfreie Verzögerung.

# Soweit sind einige der Namen der Knolly Bikes medizinisch inspiriert. - Im Delirium befanden wir uns definitiv, als wir schwindelerregende Trails auf an der North Shore gefahren sind.
# Die Eingänge der internen Leitungsführung bieten die Option auf verschiedene Einsätze - Ob 3 oder 4 oder 5 mm, ob zwei Kabel oder eines: Verschiedene Einsätze sind verfügbar und so verhindert man das Eindringen von Schmutz und Wasser in den Rahmen, falls man nicht alle Öffnungen belegt.
# Stolz prangt das Knolly-Logo auf dem Steuerrohr - Der Name leitet sich vom Spitznamen des Markeneigeners Noel ab.
# Ungewohnt - Lange Schweißraupen werden seltener an Bikes im Zuge der großen Carbonwelle. Schön sie hin und wieder zu sehen und umso schöner, wenn sie hübsch ausgeführt sind.
# Kabel sind ein notwendiges Übel an Bikes - Knolly sorgt für eine saubere und sichere Verlegung.
# Simpel und effektiv ist die Geometrieverstellung gelöst. - Je nach Dämpfermontage hebt oder senkt man das Tretlager und verändert damit zusätzlich den Lenkwinkel.
# Sehr steif und solide sind die RaceFace Kurbeln, die in dieser Ausführung auch oft an Downhillbikes montiert werden - Eine Umwerfermontage ist nicht möglich.

Die Four by 4-Anlenkung von Knolly wirkt auf den ersten Blick kompliziert. Sie sei oft schwer zu rechtfertigen, so Ryan – aber soll die perfekte Balance zwischen Bergauf- und Bergab-Qualitäten bieten. In jedem Fall passt der technische Look zum Rest des Rahmens, an dem sich lange Schweißnähte und ein komplex zusammengesetzter Tretlager-Bereich fanden. Funktionale Kabeleingänge ermöglichen mit Hilfe von Einsätzen für verschiedene Leitungsmengen und -durchmesser eine kurze Zugführung innerhalb des Hauptrahmens. Außerhalb des Rahmens findet sich ein ausgeklügeltes Befestigungssystem für eine sichere und schleiffreie Verlegung aller Züge.

# Komplexe Umlenkung - "Es sei nicht leicht, die komplexe "Four by 4" Anlenkung zu rechtfertigen - bis die Leute es selbst gefahren sind" – So erklärt Ryan Berrecloth uns Knollys Hinterbausystem.
# Am Heck arbeitet die etablierte 10-42 Kassette - Für die meisten Anstiege reicht es und mit einem noch leichteren Gang ist man schon beim Laufen schneller.
# Man setzt nicht nur am Sattel auf Marken aus der Region...
# ...Vorbau und Lenkzentrale...
# ...sowie Sattelstützenklemme entstammen Chromag.
# Das Knolly Delirium in seinem natürlichen Lebensraum - den Wäldern von British Columbia

Ausstattung

An der Front arbeitete eine für die harte Gangart bewährte, fein abstimmbare Fox 36 RC2 mit 170 mm Federweg. Doch dann kam die eigentliche Überraschung. Ein Stahlfederdämpfer aus dem Hause Cane Creek an einem 170 mm Enduro (Hardcore, Freeride – sucht euch eine Schublade aus)? Doch da war noch mehr: Bekannt von der Luftversion des Twin-Tube Dämpfers findet sich hier ebenfalls das sogenannte “Climb-Switch”. Eine Funktion, mit der ich über einen Handgriff die beiden Low-Speed Kanäle des Dämpfers – Zug- sowie Druckstufe – verschließen kann und damit eine starke “Trägheit” erzeuge, die beim Klettern nicht für nur Ruhe im Fahrwerk sorgt, sondern auch maßgeblich die Traktion verbessert.

Was sucht diese Funktion in einem Stahlfederdämpfer, der eigentlich fast nur noch im Downhill-Bike eine Berechtigung hat? Mit diesem Bike möchte ich doch noch bergauf fahren oder? Mehr dazu morgen in einem separaten Testbericht!

# Bewährt - Die Fox 36 bot auch im rabiatesten Gelände viel Steifigkeit und sehr gute Einstellbarkeit.
# "Cane Creek Double Barrel Coil CS" - Ein sehr langer Name für ein komplex verstellbares Produkt.
# Massive Saint Bremsen - Sie boten brachiale Bremskraft, egal in welcher Situation.
# Volle Kontrolle - Gegenüber dem Dämpfer muss die Gabel lediglich Abstriche bei der externen Einstellbarkeit der Highspeed-Zugstufe machen. Einen Climbswitch vermisst man hier eigentlich nicht.
# 15 cm Verstellbereich bietet die KS Lev integra. - In wirklich steilem technischen North-Shore Gelände war das nicht immer genug. So waren wir froh einen Schnellspanner zur Verfügung zu haben, um den Sattel noch weiter aus dem Weg zu bekommen.
# Die sogenannte "Southpaw" von Kindshock ermöglicht die angenehme Bedienung unterhalb des Lenkers - leider muss man hier mit Carbon- oder Kupfermontagepaste arbeiten, um einen verdrehsicheren Sitz zu garantieren.
# Industrie Nine Downhill Laufräder sorgend für präzise Linienwahl und der schnell greifende Freilauf ist auf technischen Trails eine wahre Wonne.

Uphill

# Ein 50 mm Vorbau bietet eine gute Balance... - ...aus direktem Lenkverhalten und nicht zu kippeligen Lenkbewegungen im Uphill.

Whistler bietet weitaus mehr als nur die weltbekannten “High-Speed-Jump-Trails”. Rund um den Park befinden sich weltklasse Singletrails die nur darauf warten erstrampelt zu werden. Nach meiner schmerzhaften Bekanntmachung des Terrains wusste ich immerhin was mich erwartet und so war ich nicht unglücklich über den ClimbSwitch am Dämpfer, der den Aufstieg doch um einiges angenehmer gestaltete. Einzig allein eine Absenkung der Front hätte noch mehr Erleichterung gebracht aber da sich in Kanada die Uphills nicht alleinig auf Forststraßen abspielen möchte man dann doch eine gewisse Höhe des Tretlagers bewahren um nicht ständig mit Wurzeln und Steinen Bekanntschaft zu machen.

Was mich beim Uphill ins Delirium brachte war einzig die Hitze – aber nicht das Bike. Sicherlich gibt es schnellere Bikes für diese Anwendung, aber das Knolly arbeitete sich sehr stetig und ohne große Mühe die Anstiege hinauf.

# Ein kurzer Griff zum Dämpfer und das Klettern wird leichter
# In dieser Position sind alle Kanäle des Dämpfers aktiv
# Legt man den Hebel nach links um, verschließt man die Low-Speed-Ports, was ihn zum guten Kletterhelfer macht

Das Knolly Delirium im ersten Test

Downhill

# 170 mm fühlten sich keinesfalls träge an - Ohne Aufwand ließ sich das Knolly durch grobes Geläuf manövrieren.

Auf den ersten Abfahrten im Bikepark befand sich das Bike noch in der steilen Geometrie-Einstellung. Das machte sich recht schnell bei höheren Geschwindigkeiten bemerkbar: Im technischen, langsameren Geläuf war dies durchaus angenehm, aber in der flachen Einstellung arbeitete die Federgabel bei schnellen, groben Schlägen von vorne einfach noch einen Ticken besser, auch die Spurtreue auf den “High-Speed-Jump-Trails” war größer.

Nach weiterem Hin- und Herprobieren zwischen den beiden Einstellungen entschloss ich mich das Rad in der flachen Einstellung zu lassen, da es meinem Fahrstil besser zuträglich war. Mit jeder Fahrt wurden das Bike und ich mehr zu einer Einheit: Es verhielt sich sehr berechenbar und die fein abstimmbare Federung bot viel Unterstützung bei Lastwechseln. Ohne wirklich darüber nachzudenken, bog ich nach den technischen “Garbanzo” Trails ein: zunächst auf “Dirt Merchant”, auf dem ich das Rad ohne Probleme prompt über alle Sprünge jagte. Gerade hier begrüßte ich als etwas schwererer Fahrer die Möglichkeit der getrennt abstimmbaren Zugstufen am Dämpfer, der mir keinerlei Probleme mit Kicken oder Verhärten bescherte. Zusätzlich hielt er durch eine entsprechende Abstimmung auf meine Vorliebe mit anständig Low-Speed Druckstufe auf den Absprüngen zusammen mit der Gabel ordentlich entgegen und sorge für genügend “Pop” selbst über die größten Schanzen.

# MEINE LINSE!!!! – Hannes

Schattenseiten

Nach nur einigen Tagen kann ein Bike nicht restlos in allen Facetten getestet werden, dennoch haben wir einen recht guten Eindruck vom Knolly Delirium gewinnen können. Kritik am Bike fällt definitiv schwer und wer das Rad in einem ähnlichen Einsatzbereich fährt, wie wir es testen konnten, wird wenig auszusetzen haben.

Einzig an folgenden Punkten könnten sich einige Leute stören:

  • Keine Montage eines Umwerfers möglich
  • Luftdämpfer würde die Progressionsanpassung ermöglichen

Geometrie

 SMLXL
Lenkwinkel65.0° / 64.25°65.0° / 64.25°65.0° / 64.25°65.0° / 64.25°
Steuerrohrlänge104109109118
Überstandshöhe704727762787
Sitzrohrlänge373418475515
Oberrohrlänge590618645662
Radstand1165,51194,51221,51240
Tretlagerhöhe354 / 345mm354 / 345mm354 / 345mm354 / 345mm
Sitzwinkel68°68°68°68°
Sitzwinkel (effektiv)75° / 74°75° / 74°75° / 74°75° / 74°
Kettenstrebenlänge429mm429mm429mm429mm
Einbaulänge Gabel573mm573mm573mm573mm
Stack584 mm589 mm589 mm597 mm
Reach419.5mm446.5mm473mm488mm

(Werte basierend auf der Verwendung einer Federgabel mit 180 mm Federweg)

Weitere Informationen zum Rahmen:

Federweg167mm
Laufradgröße & maximale Reifenbreite27.5" x 2.5"
Hinterbau142 x 12mm axle(included)
Steuersatz44mm upper & 56mm lower
Durchmesser Sattelstütze31.6mm / 35.0mm
KettenführungISCG05 (abmontierbar & austauschbar)
Tretlager73mm / threaded
BremsaufnahmeInternational Standard (IS)

Ausstattungsvarianten

Das Knolly Delirium wird als Rahmenkit mit Cane Creek DBAir CS oder Fox V2 für 2100 € (2395 $) zu haben sein.

Alternativ wird es als Komplettbike mit Fox Federelementen und Srams X1 Schaltung erhältlich sein. In dieser Ausstattung wird es 5600 € (6376 $) kosten:

# Knolly Delirium Komplettbike
# "Freeridelicks" #schuldig
# Hier wurde es entwickelt, hier ist es daheim - Genau auf diesen Trails machte das Delirium die allerbeste Figur. Technisch und doch hin und wieder mit der Notwendigkeit, mehr Federweg gebrauchen zu müssen als an einem Enduro.
# Skinnies - Noel kennt seine Hometrails wie seine Westentasche.

Fazit

Freeride is back! Oder kurzgefasst: Wenn man einen Bikeurlaub mit Park- und Singletrail-Anteil machen möchte und nur ein Bike mitnehmen kann – das Knolly ist für jede Schandtat bereit. Die erstaunlich angenehmen Klettereigenschaften machen es – nicht zuletzt dank dem ClimbSwitch am Dämpfer – leichter, den inneren Schweinehund zu überwinden, um doch mal auf Entdeckungstour zu gehen, selbst wenn ein Lift in der Nähe ist. Natürlich haben die dicken Reifen, das Gesamtgewicht und der flache Lenkwinkel ihren Preis – aber wer einfach nur nach oben möchte, ohne hier Bestzeiten zu knacken, kann es ja auch gemächlich angehen.

Bergab macht man wenig Abstriche gegenüber einem Downhillbike. Ein steifes, berechenbares Gesamtkonzept und das sehr gute Fahrwerk geben Sicherheit selbst in gröbstem Gelände, überschossenen Landungen oder verpatzten Linien. Alle Anbauteile sind auf Dauerhaltbarkeit ausgelegt und dürften dafür sorgen, mehr Zeit auf dem Rad als im Schrauberkeller zu verbringen.

# Goats Gully - Ein absolute Pflichttrail in Whistler! Wer es steil und verblockt mag, ist hier definitiv richtig. Für diejenigen, die es gerne noch steiler mögen – es gibt eine Schusslinie.

Testerprofil Jens

Testername: Jens Staudt
Körpergröße: 190 cm
Gewicht (mit Riding-Gear): 92 kg
Schrittlänge: 91 cm
Armlänge: 58 cm
Oberkörperlänge: 56 cm

Beschreibe deinen Fahrstil kurz und knackig: Schnellste Linie, auch wenn es mal ruppig ist
Was fährst zu hauptsächlich (Trail, Enduro ect.): Singletrails, sprunglastiger Localspot, Freeride, DH
Besondere Vorlieben bzgl. Fahrwerk: Straff, gutes Feedback vom Untergrund, viel Druckstufe, progressive Kennlinie
Besondere Vorlieben bzgl. Rahmen: Kettenstreben nicht zu kurz ( ca. 430 mm), Lenkwinkel tendenziell eher flacher


Weitere Informationen

Website: http://knollybikes.com
Text & Redaktion: Jens Staudt | MTB-News.de 2015
Bilder: Johannes Herden, Jens Staudt

Der Beitrag Knolly Delirium – erster Test: die Rückkehr eines echten Freeriders ist auf MTB-News.de erschienen.


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