
Es wurde gelacht, gejubelt, gezittert, geweint und vor allem gefeiert. Bei der Fourcross-Weltmeisterschaft im italienischen Val di Sole hat Aiko Göhler am vergangenen Freitag das Undenkbare geschafft: In einem packenden Finale hat er sich das Regenbogentrikot gesichert und holt somit den ersten Mountainbike-Weltmeistertitel nach Deutschland. Benedikt Last und Steffi Marth fuhren ebenfalls ins Finale und holten jeweils Bronze.
Was für ein Abend. Unter den Strahlern der Flutlichtanlage und lautstarkem Gejubel fanden am Freitag Abend die Finalläufe der diesjährigen Fourcross Weltmeisterschaft statt und abermals wurde bewiesen was für ein Potenzial in diesem Sport steckt. Tausende von Zuschauern säumten die Strecke, Kettensägenmotoren, Vuvuzelas und das Scheppern von kaputten Bikeparts übertönten den Sprecher – eine WM würdigere Stimmung gab es schon lange nicht mehr.
Die Hoffnungen waren groß. Aiko Göhler konnte sich am Vortag bereits Rang 2 in der Qualifikation sichern und auch Benedikt Last und Tom Scherer hatten sich mit Top10 Platzierungen in eine vielversprechende Ausgangsposition für die Finals gebracht. Denny Tischendorf, Jonas Gauss und Marvin Schaupp qualifizierten sich mit soliden Läufen ebenfalls für das 32er Finale und somit waren alle deutschen Männer für die Finals gesetzt.
Steffi Marth hatte mit Rang vier in der Qualifikation den Grundstein für den Finaleinzug geschaffen. Lediglich 0.75s trennten die ersten vier Damen, was auf spannende Läufe hoffen ließ. Katrin Karkhof sicherte sich Rang 8 gefolgt von Sarah Gerlach auf Rang 9. Katharina Brauer hatte sichtlich zu kämpfen. Auf der schnellen und rutschigen Strecke qualifizierte sie sich auf Rang 13.
Bereits im 32er Finale gab es spannende Läufe und große Überraschungen. Während Qualisieger Hannes Slavik mit Leichtigkeit seinen ersten von vielen Laufsiegen einfuhr, scheiterte der schnelle Australier Blake Nielsen bereits in der ersten Kurve. Als einer der großen Favoriten rutschte ihm in Führung liegend das Vorderrad weg. Ebenfalls Opfer der ersten Kurve wurde Tom Scherer. An zweiter Position wurde es eng für ihn und ein kleiner Fehler brachte auch ihn zu Fall.
Marvin Schaupp hingegen profitierte gar von einem Sturz und konnte sich in seinem ersten WW Lauf auf Rang eins setzen. Die Nerven machten ihm jedoch ein Strich durch die Rechnung. Auf der Proline hängt er am ersten Double an und verliert so viel Schwung, dass er am zweiten Double stürzt. Zwar war er wieder schnell zurück auf dem Rad, den Anschluss konnte er jedoch nicht wieder herstellen. Auch Denny Tischendorf schied in der ersten Runde aus. Nachdem ihm im Training die Kette gerissen war und er somit nur wenige Runs fahren konnte patzte er am Start und klickte später gar noch aus. Aiko Göhler, Benedikt Last und Jonas Gauss fuhren währenddessen souveräne Läufe und zogen in die Top16 ein.
Mit 15 Startern begannen nun auch die Läufe der Frauen. Lucia Oetjen, Anneke Beerten, Romana Labounkova und Steffi Marth waren die Top4 der Qualifikation und sollten, wenn alles glatt läuft, erst im großen Finale aufeinandertreffen. Katrin Karkhof und Sarah Gerlach mussten gegen Lucia Oetjen an den Start und kämpften um den Halbfinaleinzug. Karkhof setzte sich gleich zu Beginn auf Rang 2 und ließ Gerlach, die ihr dicht auf dem Fersen war, hinter sich. Gemeinsam mit Oetjen kam sie eine Runde weiter.
So auch Steffi Marth. Mit einem deutlichen Laufsieg unterstrich sie ihre gute Leistung. Katharina Brauer fuhr mit ihr im Lauf, hatte Marth und der Österreicherin Fruhwirth jedoch nur wenig entgegenzusetzen und schied als Dritte aus.

Im 16er Finale musste Aiko Göhler die Nerven behalten. Im Gate zog er zu früh und musste sich auf Rang drei einreihen. Das Überholen jedoch in Göhlers Blut liegt ist nichts neues. Auf der Proline nahm er viel Schwung mit auf die vorletzte Gerade und schnappte sich Lewis Lacey und Mitja Ergaver in einem Rutsch. Benedikt Last zeige sich in absoluter Topform und konnte Scott Beaumont bereits am Start in die Schranken weisen. Beaumont ließ das jedoch nicht auf sich sitzen, zog kurz vor dem Steinfeld an Last vorbei und zusammen zogen sie ins Halbfinale ein. Jonas Gauss schied auf Rang 3 aus und sicherte sich somit Platz 11 in der Gesamtwertung.
Im ersten Halbfinale der Frauen folgte Steffi Marth der Schweizerin Oetjen und gemeinsam zogen sie ins große Finale ein. Katrin Karkhof hatte in diesem Lauf das Nachsehen. Zwar konnte sie den Kontakt zur Drittplatzierten halten, schied jedoch aus und musste sich mit dem kleinen Finale begnügen.

Anneke Beerten schien unter dem tosenden Applaus erst richtig in Fahrt zu kommen. Als einzige Frau sprang sie die Proline und sicherte sich somit neben Oetjen und Marth ebenfalls den Finaleinzug. Romana Labounkova verzockte es im selben Lauf auf der fünften geraden und gab somit der Slowenin Monica Hrastnik die Möglichkeit das Finale der Frauen zu komplettieren.
Die Halbfinalläufe der Männer waren an Spannung kaum zu überbieten. Hannes Slavik und Simon Waldburger führten nach dem Start das erste Halbfinale an. Luke Cryer stürzte in Kurve zwei und schien bereits abgeschrieben, doch durch Giovanni Pozzoni, der Waldburger und sich selber aus dem Rennen katapultierte gelang es dem Briten mit Slavik ins große Finale einzuziehen.
Im zweiten Halbfinale sollte sich entscheiden wer neben Slavik und Cryer um Gold kämpfen würde und mit Benedikt Last und Aiko Göhler gab es gleich zwei Deutsche, die die Möglichkeit dazu hatten. Mit Scott Beaumont stand ihnen jedoch ein starker und vor allem erfahrenen Fahrer gegenüber und genau dies ließ der Brite Göhler spüren. Last und Göhler setzten sich nach dem Start ab und führten den Lauf an. Beaumont dicht dahinter drückte die Proline ab, zog noch in der Luft gleich auf mit Göhler und ging vorbei. Auf Göhlers Antwort musste er jedoch nicht lange warten. Bereits im Steinfeld lag Göhler wieder auf Rang 2, Beaumont nahm jedoch viel Schwung mit in die letzte Gerade und beide Fahrer überquerten mit nach vorn gestrecktem Rad fast gleichzeitig die Ziellinie – Fotofinish. Während Last bereits sicher im Finale stand entschied sich nun, ob ein oder gleich zwei deutsche Fahrer die Chance auf WM Gold haben. Nach wenigen Sekunden und auswerten der Transponder stand fest, dass Aiko Göhler mit Last ins Finale einzieht.
Im kleinen Finale der Damen konnte Katrin Karkhof den Vorteil ihres Fullys auskosten und konnte im Steinfeld entscheidende Meter gutmachen, um sich Platz 7 bei ihrer ersten WM Teilnahme zu sichern.
Das große Finale stand im Gate. Beerten, Oetjen, Marth und Hrastnik. Für Marth keine unbekannte Situation. 2014 holte sich bereits Bronze in Leogang, nun sollte Gold her. Allesamt gingen aus dem Gate und Oetjen behauptete ihre Innenline. Beerten machte allerdings Druck und konnte sich durch die Proline wenige Zentimeter vor Oetjen schieben. Von da an hat Oetjen nur noch wenig entgegenzusetzen und Beerten sicherte sich Gold. Steffi Marth konnte die Slowenin Hrastnik in Schach halten und fuhr zu ihrer zweiten Bronze Medaille entgegen.
„Ich bin echt stolz auf das deutsche Team und überglücklich mit meiner Bronze Medaille. Mein Ziel war eine Medaille und als ich auf Bronze Kurs war hab ich leider nicht mehr attackiert obwohl vielleicht Silber noch drin gewesen wäre…aber trotzdem kann ich zufrieden sein.“ – Steffi Marth
Während sich Simon Waldburger seinen verdienten Sieg im kleinen Finale holte, reihte sich das große Finale der Männer im Gate auf. Hannes Slavik entschied sich als Qualisieger für die innere Linie, neben ihm Göhler, Last und außen Cryer. Slavik schoß routiniert aus dem Gate und auch wenn Last gleichauf war, musste er sich in der ersten Kurve hinter dem Österreicher einreihen. Göhler erwischte wie auch schon im 16er Finale ein schlechten Start und fuhr auf Rang drei. Last jagte nun Slavik und wer im WM Finale steht gibt sich nicht mit Silber zufrieden. So attackierte Last, wie es auch schon Pozzoni mit Waldburger machte, nach der Proline und schickte Slavik mit einem harten aber fairen Manöver ins Aus. Göhler kam mit viel Schwung gefolgt von Cryer und beide Fahrer zogen an Last vorbei, der bei der Attacke viel Speed verlor. Göhler fuhr nun unter Jubel Richtung Ziellinie und sicherte sich Gold. Benedikt Last konnte zwar noch den Anschluss an Cryer herstellen, musste sich jedoch mit Bronze begnügen.
„Das war eine Wahnsinns Nacht. Mit Aiko im Finale zu stehen und zu wissen, dass zumindest einer eine Medaille mitnimmt…Junge Junge Junge. Ich wusste das alles drin ist und dass ich es schaffen kann. Hinter Hannes hab ich dann nur noch die Lücke gesucht und nach der Proline hat er die Tür offen gelassen, da musste ich meine Chance einfach nutzen. Mir hat der Schwung danach leider gefehlt aber ich gönne es Aiko so sehr und mit meiner Bronze Medaille bin ich mehr als zufrieden. Ein dickes Danke an das Team und meine Freundin Fenja, die mich mental so stark macht und mich immer aufbaut.“ – Benedikt Last
Aiko Göhler schreibt somit deutsche Radsportgeschichte. Er ist der erste deutsche Mountainbike-Weltmeister und nun in einer Liste mit Jared Graves, Roger Rinderknecht, Michal Prokop, Joost Wichman und Tomas Slavik zu nennen.
„Ich kann es noch gar nicht richtig fassen, dass ich tatsächlich Weltmeister bin. Ich hab mich von Tag eins super wohl gefühlt auf der Strecke und hatte eine tolle Quali. Trotzdem wurde es für mich verdammt eng. Das Fotofinish gegen Scott…das war echt krass. Im Finale hatte ich dann ein echt schlechten Start und war hinter Benni. Sein Angriff nach der Proline hat mir Gold ermöglicht. Das ist einfach verrückt! Ich will mich nur bei allen bedanken. Vielen Dank an das ganze Team und an alle, die mir die Daumen gedrückt haben. WELTMEISTER!!!“ – Aiko Göhler
Mit zwei Bronze und einer Gold Medaille sicherte sich das deutsche Team zudem die Nationenwertung.












Der Beitrag 4X WM in Val di Sole: Gold für Aiko Göhler und Bronze für Last & Marth [Fotostory] ist auf MTB-News.de erschienen.