
Manchmal dreht sich Ekstase bis zum Burnout über 6 Runden im Kreis. Beim 4. und 5. Lauf des MDC-XC Cups in Bad Salzdetfurth sogar ein ganzes Wochenende lang. Cross-Country Rennen sind eine ganz neue Erfahrung für mich. Beginnt man was Neues, ist es am besten, die Herausforderung unvoreingenommen anzunehmen. Sonst sind Frust und Enttäuschung vorprogrammiert, da man unbewusst auf das Scheitern hin arbeitet. Nie hätte ich gedacht, einmal freiwillig ein Cross-Country Rennen zu fahren. 60 min, 180ziger Dauerpuls und Krämpfe in den Beinen. Ist nicht gerade das, was ich mir unter einem spaßigen Bike-Nachmittag vorstelle. Anaerobes Geballere im Kreis über einen künstlich angelegten Flatterband-Parcours bis zum muskulären Totalausfall. Ich bin dabei.
Dank der Einladung zum MDC-XC Cup von Olaf Nützsche, Teamchef von Focus Rapiro Racing, kann ich mein fattes Dauertestrad nochmal auf die Probe stellen. Ich denke, es gibt kein unsinnigeres Rennen für ein Fatbike. Der Versuch, knappe 14 kg Tusker explosiv um Steilkurven, in Spitzkehren, über Rampen und durch einen Rockgarden zu bewegen, wird wohl wieder mit einer Nahtoderfahrung enden. -EKSTASE-

Ich reise schon am Freitag an. So kann ich mir noch einen Eindruck davon verschaffen, wie die Strecke ihren letzten Feinschliff erhält. 18 Uhr und es wird immer noch geflattert, gesägt und gebandet was das Zeug hält. Auf der ganzen Strecke sind noch um die 20 Personen beschäftigt. Soviel Enthusiasmus wird morgen wohl alle Fahrer in ekstatische Hochstimmung versetzen. Ich gehe die Strecke ab und überlege ganz kurz mal, wie ich aus der Nummer unauffällig wieder rauskomme. Der technisch schwierige Parcours bietet noch nicht mal Zeit, um zur Trinkflasche zu greifen. Rauf, runter, rauf, runter, bremsen, beschleunigen, hyperventilieren -EXODUS-




Samstagmorgen, erste Trainingsfahrt mit dem Rose Tusker. Die Strecke ist schlimmer zu fahren als anzuschauen. Nach 2 vermeintlich „lockeren“ Runden habe ich schon fertig. Wie soll das nur enden im Rennmodus über 6 Runden? Auch der Versuch, im Rockgarden eine schnellere Linie zu finden, endete mit einer zerrissenen Hose. Prost Mahlzeit, schon immer lebte der Mountainbikesport von maßloser Selbstüberschätzung.
9.32 Uhr: Start der Hobbyfahrer Seniorenklasse 2-4. Und…weg sind sie alle. 3-4 Nachzügler und ich hecheln hinterher. Das Fatbike zeigt mir mal direkt, was es zum Thema „explosive Beschleunigung“ beizutragen hat. -NICHTS-
Ich fühle mich wie ein Rentner auf einem Klapprad. Der feuchte Wiesenuntergrund saugt mir die Kraft aus den Beinen. Lustig ist es nur dann, wenn es durch den Bikepark, über den Pumptrack, die Drops und Tables geht. Das mögen wir zwei. Von der Dauerbelastung habe ich permanente Anzeichen von Schüttelfrost. Ein 24 h Solo ist wie ein Kindergeburtstag gegen diese Art der Leistungskontrolle. In der vorletzten Runde bricht mir dann auch noch der Sattel. Aber zu dem Zeitpunkt bin ich schon schmerz- und ergebnisresistent. Zum Glück hat dieses Elend nach 60 min ein Ende. -TILT-


Durften die Hobbyfahrer noch trocken und mit Sonne fahren, war die Herrlichkeit mittags vorbei. Zur Ekstase der Massen hatten die Lizenzfahrer das Vergnügen, gegen den Dauerregen auf dem Rundkurs zu kämpfen. Stürze, Kettenklemmer, Schaltwerkabrisse, es gab alles, was das sensationslüsterne Zuschauerherz begehrt. Schnell fahren ist einfach, gut fahren ist Kunst. Und am besten fuhr bei den Elite Herren Christopher Maletz von Fujibikes Rockets, vor Markus Werner von Focus Rapiro und Thommy Galle von Panoramic-Stevens über die Strecke.



Sonntag morgen, die Streckenbegehung lässt Schlimmes für den heutigen Tag erahnen. Die obersten 5 cm der Strecke haben sich über Nacht in eine breiig klebrige Masse verwandelt. Aber die Strecke ist so gut präpariert, dass alles fahrbar erscheint. Es wird halt nur schwerer.
Ich darf heute zum direkten Vergleich zum Fatbike mit einem Focus Raven auf die Strecke gehen. Ein Danke an Thimo Kuhnert vom Team Focus Rapiro Racing. Ganz ehrlich, mit dem Fatbike wäre ich heute nicht gestartet. Die Reifenperformance des Schwalbe Jumbo Jim ist im Nassen sowas von unterirdisch. Nein, ich muss mich nicht mit Vorsatz verletzen.
Heute ist nicht nur der 5. Lauf des MDC Cups. Während des Rennens wird auch die Deutsche Hobbymeisterschaft ausgetragen. Ich bin mit dem neuen Rad sehr motiviert, eine gute Show zu bieten, trotz oder gerade wegen der zu erwartenden Rutschpartie. -DE LUXE-
Vor dem Start rufen uns die Lizenzfahrer noch zu: „Fahrt mal schön für uns die Strecke trocken“ Die sollten sich noch wundern, es wird ganz, ganz anders kommen.
Startschuss, klick ins Pedal, Fullllllllgazzzzzz. Ich beschleunige, schnell, unfassbar! Auf den ersten Metern merke ich schon, wie gravierend sich der Tausch von Traktorreifen zu Trennscheiben bemerkbar macht. Erster Anstieg und vorbei bin ich an der Konkurrenz auf der Suche nach den Nachzüglern der vor mir gestarteten Senioren 2 Klasse. Der Boden ist zwar schwer und schlammig, aber es gibt nur eine Richtung. -VORWÄRTS-
So lustig sollte es aber nicht bleiben. In der Northshore-Anlage haut es mich das erste Mal aufs Maul. Das war es mit der Führung. Wieder rauf aufs Rad und weiter. Der Anstieg zum großen Pumptrack ist schneller gelaufen als gefahren. Die folgende Abfahrt mit ihrer Kompression eine Lotterie. Das Wäldchen ist dagegen erstaunlich gut zu fahren. Die Wiesenstücke danach aber nicht. -QUÄLEREI-
Pumptrack, Irrgarten und dann in der Abfahrt zum Anstieg Brücke haut es mich schon wieder weg. Während ich mich frage, wie das passieren konnte, höre ich nur noch den letzten Atemzug meines inzwischen platten Reifens. Das war es dann mit dem Strecke trocken fahren für die Lizenzfahrer. Ich kann mich trösten. Ich bleibe nicht alleine. Am heutigen Tag wird die Ausfallquote bedingt durch das Wetter extrem hoch sein. Den Zuschauer freut es. Dieses Schlammspektakel ist ein Fest für die Massen.



Während der Kinderrennen verschlechtert sich das Wetter. Eine Regenfront zieht auf und bleibt zum Zuschauen da. Nun, zum Höhepunkt der Lizenzrennen, haben wir dann auch das schlechteste vorstellbare Wetter. Es kübelt wie aus Eimern. Schaltungen sind teilweise schon in der ersten Runde nicht mehr schaltbar. Und wieder, nur noch schlimmer als am Vortag, wird die Technik von den Fahrern an ihre Grenzen geführt. Viele Fahrer üben sich im Schlammcatchen. Bäume werden umarmt und der ehrenwerte Wettkampfboden geliebkost, bevor mit einem „Schade, schon vorbei“ auf den Lippen die Ziellinie überquert wird. -HELDENWETTER-
Die Helden werden gefunden. Sven Pieper, Olaf Nützsche, Markus Werner und Felix Fritzsch sichern sich für Bad Salzdetfurth und das Focus Rapiro Team Podiumsplätze. Überragend souverän und wie am Vortag der Sieg von Christopher Maletz vom Team Fujibikes Rockets in der Elite Klasse. Der technisch wohl beste Fahrer im Feld hat sich einen überlegenen Sieg, mit 1.38min Vorsprung auf den zweiten Markus Werner, erkämpft.



Das Fazit eines spannenden Cross-Country Wochenendes in Bad Salzdetfurth: Super Strecke, technisch anspruchsvoll mit großem Spaßpotential für Fahrer und Zuschauer. Dank Olaf Nützsche und vieler ehrenamtlicher Helfer konnten trotz der Wetterkapriolen 2 reguläre Rennen abgehalten werden. Diese Anlage im BOP ist eine gelungene Alternative zum bis letztes Jahr in der Stadt ausgetragenen Rennen.
Fatbike und Cross-Country passen zusammen wie Veganer und Steakhaus. Mein zweites Rennen auf einem Race-Hardtail war kurz. Aber der Kurzfilm „Ein Leben auf der Überholspur“ hat mir mehr Freude bereitet als die Seifenoper „Wir sterben auf dem Trecker“. 24h Solos stehen einem Fatbike viel besser zu Gesicht. Viel Spaß Allen bei dem MDC-XC Finale in Arnstadt. Zu Guter Letzt gilt mein Dank den Jungs von Freestyle Media World und Benjamin Prescher für die äusserst gelungenen Bilder. Wer sich sucht, kann gerne hier vorbei schauen.
In diesem Sinne, Think Pink – Eure Muschi
Der Beitrag Rennbericht: Muschi beim MDC-XC Cup im Bikepark Bad Salzdetfurth ist auf MTB-News.de erschienen.