Wie bereits im ersten Teil unserer zweiteiligen Artikel-Serie angekündigt, möchten wir heute dem Veranstalter der ersten Ischgl Overmountain Challenge die Möglichkeit bieten, seine Sicht der Dinge darzustellen.
Das IOC-Eventvideo
Event Review – Ischgl Overmountain Challenge 2013 von Trail Solutions – mehr Mountainbike-Videos
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# Kontrovers diskutiert: die Ischgl Overmountain Challenge
IOC-Veranstalter Georgy Grogger im Interview
Veranstaltet wurde die Ischgl Overmountain Challenge im Namen des Titel-Sponsors Cannondale sowie der Region Ischgl von der Innsbrucker Event-Agentur Trails Solutions. Erst eine Woche vor der inoffiziellen Enduro EM stellte Georgy Grogger mit seinem Drei Länder Enduro am Reschenpass unter Beweis, dass er sehr wohl weiß, wie ein Enduro-Rennen zu funktionieren hat. In Ischgl musste sich der Veranstalter jedoch jeder Menge Kritik stellen, welche vor allem aus den Reihen der professionellen und semi-professionellen Fahrer kam. Für einen fairen Schlagabtausch baten wir Georgy Grogger zum Interview.
MTB-News.de: Georgy, bist du mit deinem Event zufrieden?
Georgy: Erst einmal bin ich sehr froh, dass uns der Wettergott positiv gesonnen war. Die schlechte Wetterprognose war heute alles im allem kein Thema mehr und deshalb bin ich happy. Zurück zur Frage – ja ich bin zufrieden!
Das Rennen wurde als Test-Veranstaltung zur Europameisterschaft kommuniziert, welche ihr hier für Ischgl im kommenden Jahr plant. Haben sich im Zuge der Veranstaltung Probleme ergeben, bei denen es für kommendes Jahr Nachbesserungsbedarf gibt, oder war das ganze Event in deinen Augen bereits einer EM würdig?
Vom Strecken-Set Up war eigentlich geplant, einzelne Wertungsprüfungen auch in die Schweiz hinab zu führen – was eine deutlich längere Gesamt-Etappenlänge bedeutet hätte. Leider hat uns dabei jedoch das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die kurzfristige Umsetzung unseres Plan B spricht jedoch dafür, dass wir auch größere und internationale Top-Veranstaltungen hier in Ischgl rausrichten können. Die Organisation sowie die Zusammenarbeit mit der Bergbahn und dem TVB hat reibungslos funktioniert – ebenso wie die Zusammenarbeit mit Österreichischen Radsportverband.
Dass bei einem Probe-Event das eine oder andere Problem auftaucht, das man im nächsten Jahr besser machen möchte, dürfte wohl jedem klar sein. Diesbezüglich könnt ihr euch sicher sein, dass auch wir an unseren Fehlern arbeiten.
Es gab gerade aus dem professionellen Teil des Fahrerlagers teils starke Kritik am Streckenabschnitt auf Stage 2, welcher sich nicht auf dem Bike bewältigen ließ. Stehst du auch nach dem Rennen noch zu der Entscheidung, Etappe zwei über diesen Weg geführt zu haben?
Zu dieser Entscheidung stehe ich absolut. Es war, das möchte ich hier nochmals anmerken, meine eigene Entscheidung, diesen Streckenabschnitt im Rennen zu lassen. Meine Interpretation von Enduro ist, dass sich die Enduristen auch auf solchen Wegen eine Möglichkeit überlegen müssen, wie sie auf den vorgegebenen Wegstrecken die schnellste Zeit fahren können. Einen über 1.000 Jahre alten Wanderweg, über den Stage 2 verlief, so umzugestalten, dass er seinen Charakter verliert, ist eben nicht in meinem Interesse.
Das soll jedoch nicht heißen, dass ich mit dieser Kritik im Vorfeld leichtsinnig umgegangen bin. Auch im Vorfeld habe ich mir schon sehr viele Gedanken über diesen Streckenabschnitt gemacht und mich letzten Endes ruhigen Gewissens dazu entschlossen, diese wirklich knallharte Uphill-Trage-Passage im Rennen zu lassen. Als Gegenpol möchte ich aber auch das Feedback vieler Fahrer wiedergeben, deren Stimme oft nicht gehört wird, sich aber sehr über diesen Streckenabschnitt gefreut haben – auch, weil sie evtl. nicht die besten Abfahrer sind, sondern eher konditionell punkten können.
Ob und wie dieser Streckenabschnitt für die Europameisterschaft im nächsten Jahr integriert werden soll, kann und möchte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen.
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# Stage 1 war zwar nicht lang, dafür wurden die Teilnehmer bei der Auffahrt zum Start konditionelle gefordert.
Du hast es gerade schon selbst angesprochen: Ein Teil des Enduro-Rennsports ist eben auch die Liniensuche, allerdings nur auf dem dafür vorgesehenen und vorgegebenen Trail. Viele Fahrer kritisierten jedoch, dass die Strecke nicht klar abgesperrt war, wodurch sich zahlreiche Abkürzungen ergeben haben. Die dadurch entstehenden Schäden an Flur und Fauna dürften aber wohl nicht im Interesse des Veranstalters liegen. Seht ihr euch hier in die Pflicht genommen nachzubessern, oder gehört das zwangsläufig zum Enduro-Sport dazu?
Hier muss eindeutig nachgebessert werden. Als Veranstalter sehe ich hier die Verantwortung jedoch nicht ausschließlich bei mir. Daher ein Appell an die Sportlichkeit der einzelnen Fahrer: Es darf nicht passieren, dass wir uns unseren Enduro-Sport selbst ruinieren, in dem wir es erforderlich machen, jede einzelne Stage wie bei einem DH-Rennen von oben bis unten abzustecken und abzusichern. Es ist keineswegs in unserem Interesse, Abkürzen zu ermöglichen oder gar zu dulden – bis zu einem gewissen Ausmaß wird das aber nicht vermeidbar sein. Grobe Unsportlichkeiten gehören jedoch innerhalb der Fahrer verpönt und werden auch vonseiten der Rennleitung zur Disqualifikation führen.
Es kann nicht sein, dass ich eine Rennstrecke von oben bis unten abflattern muss. Eine Reglung, wie sie vielerorts schon praktiziert wird, beispielsweise die 3-Meter-Regel, sollte im Enduro-Sport zur Selbstverständlichkeit gehören. Es ist eigentlich nicht durchführbar, einen so großen Streckenabschnitt lückenlos zu kontrollieren, da das den Kostenrahmen sprengen würde. Abkürzen ist für mich Betrug, das ist für mich nichts anderes als Doping, auch wenn das so evtl. etwas plakativ dargestellt ist. Mich als Veranstalter setzt dieses Thema sehr unter Druck und wird den Enduro-Sport in Zukunft auch noch sehr viel kosten.
Wie du ja selbst schon sagtest, ist Abkürzen nichts anders als Betrug, was uns gleich zum nächsten Kritikpunkt vieler Fahrer bringt – die Missachtung des Reglements in Hinsicht auf Trainingszeiten. Da die Masse der Teilnehmer und eben auch die semi-professionellen Sportler in der Regel berufstätig sind, geht ein Veranstalter doch das Risiko ein, sich diese Kunden zu vergraulen, wenn ihm die Schaffung von Chancengleichheit nicht gelingt. Wird man hier zukünftig härter durchgreifen?
Das ist für mich eine schwierig zu beantwortende Frage. Es ist nicht leicht, dieser Problematik Herr zu werden. Tatsächlich ist es eben so, dass wir uns mit unseren Enduro-Rennen in Regionen bewegen, in denen Mountainbiken das gesamte Jahr über gestattet ist. Es ist auch nicht möglich, die Strecken bis zum Renntag geheim zu halten. Natürlich ist mir bewusst, dass einige Fahrer schon vor dem Rennen anreisen, um auf den für jeden zugänglichen Strecken zu fahren – das kann ihnen niemand verbieten. Ich kann genauso wenig kontrollieren, ob Fahrer schon zwei Wochen bevor die Veranstaltung überhaupt stattfindet schon zum Trainieren kommen – und wenn es nur dafür ist, um die örtlichen Gegebenheiten kennenzulernen.
Ich denke, dass sich dieses Problem mit der Zeit selbst legen wird, da ich nicht glaube, dass die Sportler unter Anbetracht der Masse der Events die Möglichkeit haben, bei jedem Rennen so früh anzureisen. Was aber man jedoch nicht vergessen darf, das man die Rechnung nicht ohne Wirt machen sollte – mir als Veranstalter ist das natürlich mehr bewusst wie den Teilnehmern. Am Ende des Tages ist eben auch eine Enduro-Veranstaltung eine Ausgabe des Event-Marketings einer Tourismusregion, welche am Ende Gewinne erzielen soll – eben durch das Anlocken von Fahrern und Zuschauern. Die Wettkampfstätten im Vorfeld zu sperren und jeden zu disqualifizieren, der sich im Tourismusgebiet aufhält, würde völlig am Thema vorbei gehen.
Es ist wie schon gesagt eine schwierig zu beantwortende Frage und ich hoffe, dass ich zukünftig eine bessere Antwort als die, wie ich sie jetzt habe, herauskristallisieren wird.
Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, uns Rede und Antwort zu stehen und deinen Standpunkt darzustellen.
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# Die Crew von Trail Solution bei der Anmeldung.
Fazit
Dass die Ischgl Overmountain Challenge als solches eine Menge Spaß geboten hat, steht außer Frage. Auch war die Organisation ein weiteres Mal nahezu vorbildlich. Die Ischgl Overmountain Challenge war das Test-Event der für kommendes Jahr angesetzten Europameisterschaft. Wie es bei einem Test-Event eben üblich ist, läuft nicht immer alles so, wie es sich der Veranstalter im Vorfeld erhofft haben dürfte. Dennoch darf sich der Veranstalter nicht hinter diesem Bonus verstecken, sondern sollte die Kritik erst nehmen – vor allem aber sollte ihm bewusst sein, wen ein Event solchen Kalibers ansprechen soll. Um den Titel des Europameisters kämpfen eben nicht die Hobby-Fahrer, sondern die Spezialisten einer Disziplin. Um das Niveau einer solchen Veranstaltung zu wahren, ist es unerlässlich Chancengleichheit zu schaffen und sich Problemen offen zu stellen – letzten Endes wird auch das wiederum der großen Masse zugutekommen. Wie man den Aussagen von Georgy Grogger entnehmen kann, scheint man sich bei Trail Solutions bereits mit der Kritik auseinandergesetzt zu haben. Man darf also erwartungsvoll auf eine spannende EM im Jahr 2014 hoffen.
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Autor & Redaktion: Maxi Dickerhoff // Bilder: Christoph Bayer
Der Beitrag [Update - Eventvideo] Ischgl Overmountain Challenge: ein zweischneidiges Schwert [Teil 2 - Interview] ist auf MTB-News.de erschienen.