“Das Beste vom Besten!” Nur allzuoft sind es die High-End-Produkte, über die der Endverbraucher in Testberichten zu lesen bekommt. Es liegt auf der Hand, dass Hersteller primär ihr bestes Pferd im Stall anpreisen und an den Mann bringen wollen. Und dennoch kauft die große Masse eben nicht jene sündhaft teuren Produkte, die mit der aktuellsten und scheinbar überlegensten Technik ausgestattet sein sollen.
So sind es oft die Modelle der mittleren Preisklasse, welche die Masse ansprechen. Im Falle einer Federgabel bedeutet das leider auch schnell den Verzicht auf allerlei Einstellungsoptionen und Veredlungsmethoden. Das macht sich dann positiverweise allerdings auch sehr schnell im Preis bemerkbar. Und die Frage ist doch generell, ob solch ein Produkt zwangsläufig schlechter als “The Latest and Greatest” ist? Auch ihr habt euch schon oft gewünscht, dass wir in Sachen Testprodukte auf dem Boden der Tatsachen bleiben. Diesem Wunsch haben wir entsprochen und wir die günstigste Version der X-Fusion Sweep, die Sweep RL2, unter die Lupe genommen und geschaut, ob sie mit anderen Produkten in einer Liga spielen kann.
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# Ein würdiger Gegner auf dem Spielfeld?
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# Egal was passiert – die Füße bleiben drauf!
Technische Daten
Hersteller: X-Fusion
Modell: Sweep RL2
Modelljahr: 2014
Kategorie: Federgabel
Einsatzbereich: Allmountain/Enduro
Laufradgröße: 27,5″
Federweg: 160mm (intern auf bis zu 100mm reduzierbar)
Standrohrdurchmesser: 34mm
Schaft: tapered
Federung:
Federung – Einstellungen: Luftfeder, Lockout, Zugstufe
Dämpfung: RL2 Kartusche mit Mid-Valve
Dämpfung – Einstellungen: Zugstufe (Lowspeed)
Material Schaft: Aluminium
Material Standrohre: Aluminium
Material Casting: Aluminium
Achse: LockX 15mm Schnellspannachse
Scheibenbremsaufnahme: PM
Bremsscheibendurchmesser (max.): 203mm
Einbaulänge: 551mm
Nachlauf: 46mm
Gewicht: 1.905g
Farben: schwarz oder weiß
Preis: ca. 550 Euro (UVP)
Modellvarianten
Die Sweep RL2 wird insgesamt in drei Varianten angeboten. Neben der günstigsten (Sweep RL2), die wir im Test hatten, gibt es zusätzlich noch eine RL2R (Blockieren der Gabel vom Lenker aus möglich) und einer RL2DLA Version (Absenkung auf 130mm möglich sowie Blockieren der Gabel vom Lenker aus).
In der Hand
Nach all den verschiedensten, hoch angepriesenen Beschichtungen der diverser Hersteller sehen hart-anodisierte Standrohre in regulärer Standardfarbe fast ein wenig altbacken aus – auch X-Fusion bietet ihr neues Enduroflaggschiff schon mit goldener Beschichtung an. Das mag primär ein optischer Effekt sein, aber dennoch wirkt es so wertiger. Die Decals sind aufgeklebt und wirken technisch-unauffällig.
Tapered Steuerrohre sind zum Standard geworden und lassen Rahmen oft sehr wuchtig wirken – 34mm Standrohre sollte eine Gabel da schon bieten, um optisch ins Gesamtbild zu passen. Die Sweep RL2 passt soweit in dieses Maß. Leider wirkt die Krone der Gabel dagegen etwas schmächtig.
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# Die RL2 im Mach6
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# Die Krone könnte insbesondere in Kombination mit massiven Carbonrahmen etwas voluminöser ausfallen.
Aufbau
Federung und Dämpfung
X-Fusion verweist auf die Verwendung eines sogenannten “Mid-Valve” in der Dämpfungskartusche, das für eine zusätzliche Dämpfung zum regulären Basisventil sorgen und insbesondere das Wegtauchen verhindern soll. Die Federhärte wird über ein Luftventil an der linken oberen Holmseite justiert. Eine externe Druckstufeneinstellung gibt es nicht. Man muss sich mit einem Lockout über einen leichtgängigen Hebel an der Gabel begnügen.
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# Ansicht der Gabel aus Fahrerperspektive
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# Die Sweep RL2 verfügt über keine einstellbare Druckstufe. Lediglich Lockout ist am rechten Holm möglich.
Qualität & Details
Beim Einbau war mit keinerlei Überraschungen zu rechnen – bis es zur Steckachse kam: Der Schnellspannhebel wird um 180 Grad heraus geklappt, um in einen Slot verweilend die Achse festzuziehen, beziehungsweise zu lösen. In dieser Position kann man den Hebel nicht durchgängig drehen, da er am Casting anstößt. Zwar kein Weltuntergang, aber etwas nervtötend bei häufigem Vorderradausbau.
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# Der Schnellspanner lässt sich leider nicht ohne neues Ansetzen auf- und zudrehen
Nach zirka vier Monaten im Einsatz sieht die Gabel noch sehr passabel aus, auf dem schwarzen, hochglänzenden Lack sind von einigen Schlammpackungen lediglich leichte Kratzer zu erkennen. Die Gabel bietet eine geschraubte Leitungsführung für einen sicheren Sitz und eine Achse, die zur Verstärkung der Klemmkraft vier Bolzen ausfährt.
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# Klemmbolzen sorgen für festen Sitz der Achse im Casting
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# Front- und Seitenansicht der Xfusion RL2
Auf dem Trail
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# Joni zischt über die Strecken unter der Mittelmeersonne
Uphill
Mit den meisten Bikes kommt man zwischenzeitlich auch ohne eine Absenkung der Gabel entspannt den Berg hinauf – so auch bei der Sweep RL2 im Pivot Mach6. Meine Hausstrecken führen teilweise über ziemlich heftige lange Asphalt-Rampen, auf denen ich dann doch einen Spanngurt zur Hilfe nahm, um die Gabel etwas hinabzuziehen. Hier wird die Gabel an sich recht hart vorgespannt, was man auf Asphalt aber verschmerzen kann. Im regulären ausgefahrenen Zustand bietet ein kleiner Hebel auf dem rechten Gabelholm die Möglichkeit, jedwedes Wippen komplett über ein Lockout zu unterbinden. Vergisst man vor der Abfahrt den Hebel in die offene Position zurückzulegen, sorgt ein Blow-off Ventil dafür, dass die Gabel keinen Schaden nimmt.
Frisch aus der Kiste und im Bike montiert lief die Gabel noch etwas schwer, nach ein paar Tagen Einfahrzeit vergeht dies aber, so dass man sich über ein solides Ansprechverhalten freuen kann.
Downhill
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# Die Sweep RL2 machte alles klaglos mit.
Ist die abgespeckte Ausführung der Sweep RL2 eine ernstzunehmende Alternative zu den Platzhirschen?
Was eine Gabel wirklich zu bieten hat, lässt sich nur in der Abfahrt wirklich beurteilen. So musste die Sweep RL2 sich nicht nur auf lokalen Strecken an der Albkante beweisen, sondern auch auf den felsigen, verblockten Strecken der Côte d´Azur sowie am Gardasee. Hier schlug sich die Gabel durchweg ganz gut – ob das mit dem speziell beworbenen oben bereits erwähnten “Mid-Valve” zusammenhängt, kann man leider nicht genau beantworten. Hartes Anbremsen auf Spitzkehren mochte sie dennoch nicht ganz so gerne und tauchte weiter ein als erhofft. Auf dem Hometrail ohne extrem harte Schläge sorgte die Gabel für soliden Fahrspaß, ohne dass man großartige Verstellmöglichkeiten vermisst hätte.
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# Flugstunde mit der Sweep RL2 und Blick aufs Mittelmeer
Viele aktuelle All Mountain-/Enduro-Gabeln und Dämpfer bieten die Möglichkeit über einen kleinen Hebel oder eine Lenker-Fernsteuerung die Low-Speed-Druckstufe anzupassen. Je nach Geschmack und Streckenansprüchen kann man hier zwischen “offen”, “halb geschlossen” oder “Lockout” wählen.
An der Sweep RL2 muss man auf die mittlere Einstellung verzichten, was zu folgendem Umstand führt: Stimmt man die Gabel so ab, dass sie zum offenen Modus des Dämpfers passt (dies ist extern lediglich über die Luftfeder möglich) fühlt sie sich zu weich an, wenn man am Heck in den halb geschlossenen Modus wechselt. Erhöht man den Luftdruck in der Gabel um etwas mehr Feedback vom Untergrund und mehr Pop für eine aktivere Fahrweise zu bekommen, passt sie zwar zum mittleren Modus des Dämpfers, aber nicht mehr zum offenen.
Hier sollte man sich also am besten entscheiden, in welchem Modus man sich am wohlsten fühlt und den Hebel am Dämpfer im Gelände in der entsprechenden Position zu belassen, auf die man die Gabel abgestimmt hat.
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# Eine einstellbare Lowspeed-Druckstufe könnte helfen im Anlieger mehr Schwung mitzunehmen.
Service & Haltbarkeit
Nach der beschriebenen Einfahrzeit verrichtete die Gabel absolut klaglos und ohne Probleme ihren Dienst. Ein vorgeschriebenes Service-Intervall gibt es nicht. Sollten dennoch mal neues Öl oder neue Buchsen fällig werden, läuft der Service in Deutschland über Koehn (www.reset-racing.de), wo man folgende Pakete durchführen lassen kann:
Kleiner Service 129 Euro
- Ölwechsel
- Neue Dichtungen
- Neue Abstreifer
- Neue Schaumringe
Großer Service 149 Euro
- Ölwechsel
- Neue Dichtungen
- Neue Abstreifer
- Neue Schaumringe
- Neue Bushings
Fazit
Gretchenfrage: Bekommt man für den teilweise dreifachen Preis auch eine dreimal so gute Gabel?
Ist die abgespeckte Ausführung der Sweep RL2 eine ernstzunehmende Alternative zu den Platzhirschen? Die Gabel schlägt sich auf Trails vor der Haustüre, die nicht über große Sprünge oder harte DH Passagen verfügen, gut. Sie fährt bei starkem Anbremsen in noch vertretbarem Maße ein und lässt selten weitere Verstellmöglichkeiten vermissen. Das Dämpfungsverhalten kommt an die Grenzen, wenn die Gabel auf sehr schnelle und harte Schlagfolgen reagieren muss. Dabei wünscht man sich eine von außen härter abstimmbare Druckstufe. Hier ist man mit zumeist hochpreisigeren Modellen auf Dauer ermüdungsfreier unterwegs – dann ist der Geldbeutel nach dem Kauf auch teilweise um einiges schmaler.
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# Hat´s gepasst? Isses drauf?
Stärken
- Was nicht da ist, kann nicht kaputt gehen. Im Test zeigte die Sweep keinerlei Einbußen in der Performance und funktionierte durchgängig verlässlich.
- gutes Grundsetup für moderaten Traileinsatz
- Preis
Schwächen
- Eine mittlere Einstellung der Low-Speed-Druckstufe kann bei einem entsprechenden Dämpfer zu einem unausgewogenen Fahrwerk führen
- Der Hebel der Schnellspannachse lässt sich nicht frei drehen
- Krone optisch etwas unterdimensioniert (dies ist zugegebenermaßen Geschmackssache)
Weitere Informationen
Testfahrer: Jens und Joni | Fotos: Jens Staudt
Der Beitrag X-Fusion Sweep RL2 Federgabel im Test: Guter Preis, gute Performance? ist auf MTB-News.de erschienen.